Trekking in Sikkim und Darjeeling
Ein Bericht über eine 4-wöchige Reise in den Nordosten Indiens
(vom 14. Mai bis 10. Juni 2000) Teil 6.
Singalila Trek II Übersichtskarte |
Der zweite Teil des Treks war weniger anstrengend und das Wetter war wesentlich besser. |
Sabarkum |
Die Strecke nach Sabarkum und Phalut geht auf einem Kamm entlang und ist überwiegend flach. Sabarkum bezeichnet eigentlich nur die Stelle, an der ein abgebranntes Steinhaus steht. Man geht in Richtung Norden und hat einen sehr schönen Blick auf das Kangchenjunga Massiv (8586m). Bisher hatten wir nur verblühten Rhododendron gesehen und wir dachten die Blütezeit wäre schon vorbei, doch hier in über 3500m Höhe wächst alles etwas langsamer. Wir sahen die ersten rot-blühenden Büsche und konnten uns auch vorstellen wie es hier vor 1-2 Wochen ausgesehen haben mag. Die ganzen Hänge müssen ein rot-rosa-weißes Blumenmeer gewesen sein. Der schöne Ausblick und die roten Büsche am Wegesrand ließen uns die Strapazen der letzten Tage schnell vergessen. Auf dem Weg nach Sandakphu hatten wir kurzzeitig geglaubt ein Yak gesehen zu haben, jetzt standen tatsächlich zwei ausgewachsene, wilde, männliche Exemplare direkt vor uns. Der Weg verlief nur etwa 10m neben ihrem Kampfplatz entlang und ihre imposante Erscheinung flößte uns einen gehörigen Respekt ein. Auf dieser Etappe hatten wir endlich die Möglichkeit, die Natur in vollen Zügen zu genießen und unsere Sonnencreme kam zum Einsatz. Dies war eine der schönsten und angenehmsten Etappen auf diesem Trek. Doch wie schon so oft, wurde das Wetter gegen Nachmittag etwas schlechter und ich kann mich nicht mehr daran erinnern ob wir Phalut noch trocken erreichten. |
Phalut |
Auf Phalut gibt es nur eine Trekkers Hut, aber wir hatten wiedermal Glück und bekamen ein Zimmer nur für uns alleine. Die Buchung in Darjeeling sowie die Tatsache, daß wir Touristen aus Europa waren und Sabine ja eindeutig dem weiblichen Geschlecht angehört, erleichterte und beschleunigte anscheinend die Zimmerzuteilung, wir bekamen auf dem ganzen Trek ein Einzelzimmer. Außer uns waren noch etwa 20 Inder auf Phalut, ein paar übernachteten aber lieber in ihren eigenen Zelten. Als sich uns wiedermal die Frage stellte, ob und wann es Abendessen gibt, lernten wir einen indischen Geodäten kennen. Er erzählte uns von seiner Arbeit hier am Dreiländer-Eck Indien-Nepal-Sikkim, und daß er am nächtsen Tag mit Hilfe einiger Yaks weiterreisen würde. Endlich hatten wir den Mann gefunden, der uns die Frage beantworten konnte, warum es keine ordentlichen Landkarten gibt. Die Lösung war ganz einfach, zwar gibt es von diesem Gebiet sehr gute und genaue Karten, doch die indische Regierung stuft diese Dokumente als geheim ein, so das eine Veröffentlichung nicht vorgesehen ist. Gerade die Grenze zwischen Sikkim und Tibet ist auch heute noch umstritten, wie wir später in Gangtok und Umgebung noch sehen sollten. Auch auf Phalut wurden wir wieder in die Kochhütte eingeladen und wir unterhielten uns mit dem Geodäten sowie mit der Frau die unser Essen zubereitete. Die Themen waren vielfältig z.B. der Besuch des deutschen Aussenministers Fischer in Indien, die Globalisierung, der Preis von Sabines Trekking-Schuhen oder die deutsche Green Card. Das Essen sowie der Tee wurden, wie schon zuvor in Gairibas, auf der offenen Feuerstelle zubereitet. Nach einer guten Unterhaltung folgte ein gutes Abendessen und wir gingen so gegen 20:00 Uhr ins Bett. Es folgte die mittlerweile obligatorische Rückenmassage und über dem verlorenen Horizont schliefen wir wenige Stunden später ein. Das Wetter am darauf folgenden Morgen war gut, aber nicht perfekt. Wir stiegen die letzten hundert Meter bis zum Gipfel auf und wollten warten bis sich die Wolken verziehen. Hier oben gab es viele Yaks und auch eine Herde wilder Pferde. Wir standen hier direkt am Länderdreieck Indien-Nepal-Sikkim und man konnte recht weit sehen, doch die Gipfel der Achttausender blieben verhüllt. Was hatten wir doch am Tag zuvor für ein Glück gehabt!!! Einige der anwesenden Inder erzählten uns, das sie schon seit ein paar Tagen hier in der Gegend sind, und bisher keinen freien Blick auf die Gipfel hatten. Nach dem Frühstück packten wir wieder unsere Rucksäcke und es ging weiter in Richtung Raman. Der Weg ging überwiegend bergab und beanspruchte unsere Kniegelenke sehr stark. Es ging auf schmalen Pfaden durch dichten Wald und je weiter wir nach unten kamen desto wärmer wurde es. Wir kamen nach Gorkhay Kola, so heißt der Platz an dem sich zwei Flüsse treffen, welche später in den Raman Fluß münden. Samandin heißt das nächste Dorf, es befindet sich auf einem kleinen Plateau und ist umgeben von Feldern. Das Dorf trägt auch den Namen "The lost valley - Das verloren Tal". Es war weiterhin schwül warm und kurz vor Raman sahen wir endlich das Schild Trekkers Hut. Es war früher Nachmittag und wir kamen gerade noch rechtzeitig an, denn bald nach unserer Ankunft begann es zu regnen. |
Raman |
Wir wurden von einem sehr freundlichen Ehepaar empfangen und nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten, gab es erst einmal Tee und tibetisches Brot. Die Trekkers Hut steht etwas außerhalb des eigentlichen Dorfes und wir saßen draußen und beobachteten das Landleben: Kartoffelfelder, Hühner und Kühe sowie ein paar kleine Hunde. Leider begann es bald zu regnen, so das wir diese ländliche Idylle nicht noch länger genießen konnten. Als nach ein paar Stunden immer noch keine weiteren Gäste eingetroffene waren, wurde uns klar, daß wir diesmal nicht nur ein Einzelzimmer, sondern ein Einzelhaus hatten. Diese Erkenntnis störte uns nicht im geringsten. Wir inspizierten das Haus und entschieden, daß es nach fast vier Tagen ohne Dusche an der Zeit war, diesen hygienischen Ausnahmezustand zu beenden. Das Badezimmer war großzügig in seinen Ausmaßen, aber spartanisch in seiner Einrichtung und kaltes Wasser kam, mit unterschiedlicher Zuverlässigkeit, aus mehreren Zapfstellen. Die Umgebung war also bestens geeignet, um eine ausgiebige Dusche inklusive Haarwäsche vorzunehmen. Wer sich schon einmal mit kaltem Wasser aus dem Eimer gewaschen hat, kann sich vorstellen, das sich die Waschsituation, durch die einsetzende Dunkelheit nicht wesentlich verbesserte. Ein Duscherlebnis der besonderen Art. Nach dem Abendessen folgte eine ruhige Nacht mit gelegentlichem Regen. Der nächste Tag war trocken und recht warm, so das es uns nicht schwer fiel, die Hütte schon vor 8:00 Uhr zu verlassen, natürlich nicht ohne vorher ausgiebig gefrühstückt zu haben. Die eigentlich ortansässige Hundemeute, bestehend aus einem älteren Hund sowie zwei Hundebabys, verfolgte uns auf Schritt und Tritt. Nach ein paar Kilometern verließen die kleinen Hunde unser Expeditions-Team, doch der ältere Hund wich nicht von unserer Seite, und das, obwohl wir ihn weder gefüttert hatten noch ihn in irgendeiner anderen Art und Weise zum Bleiben animiert hatten. Für Unterhaltung war also gesorgt, zum einen lief er gerne zwischen unseren Beinen, zum anderen gab es bei jeder kleinen Behausung erst mal eine wilde Kläfferei. Der Weg verlief überwiegend abwärts durch dichten Wald, später dann durch kleine Siedlungen. Nach etwa der Hälfte des Weges wird der Shirikhola Fluß überquert, bevor es dann wieder etwas bergauf geht. Diese Strecke gehört zwar zu den längeren Etappen, doch wegen der geringen Anstiege und der sehr waldreichen Umgebung ist sie sehr angenehm und interessant. Wir erreichten Rimbik am frühen Nachmittag, unser Hund immer voran. |
Rimbik |
Rimbik ist eine kleine Stadt mit einem Bazar und einigen Hotels. Nachdem wir nun die letzten Tage eher einfach übernachtet hatten, suchten wir hier etwas mehr Luxus. Das Hotel Sherpa (ca. 100 Rupee) gefiel uns sofort, vor allem wegen seines schönen Gartens und der kleinen Wiese. Schnell war ein Zimmer bezogen und wenig später saßen wir im Grünen beim Mittagessen. Hier wurden auch endlich folgende Fragen beantwortet: Woher stammen die roten Markierungen auf dem Trek? Was bedeutet die Abkürzung HRT? Ein Aufkleber an der Fensterscheibe des Restaurants warb für den HRT - Himalayan Run & Trek , einen jährlichen Wettkampf über 100 Meilen bzw. 42 Kilometer. Dieses Rennen wurde in Runners World Magazine (UK 3/96) als "the world's most beautiful marathon" beschrieben. Da wir einen großen Teil der "Rennstrecke" kennen, kann ich nur sagen: "Eine wirklich große Herausforderung." Auf einer kleinen Tour durch den Bazar der Stadt, löste ich mein Versprechen ein, mich von einem indischen Barbier rasieren zu lassen. Obwohl der Barbier, welcher kein Wort Englisch sprach, sein Bestes gab, war mit nicht wohl bei der ganzen Angelegenheit. Er nahm extra eine neue Klinge, versuchte sehr vorsichtig zu sein und sparte die kritischen Stellen zum Teil aus. Die ganze Prozedur war eigentlich sehr angenehm, doch war ich froh als ich, körperlich unversehrt, den Laden verlassen durfte. Nicht nur Sabine interessierte sich während dieser Zeit für mich, auch andere Leute blieben auf der Strasse stehen um das Schauspiel zu verfolgen. Später am Nachmittag begann es zu regnen und wir saßen mehrere Stunden auf den überdachten Bänken im Garten unseres Hotels. Rimbik ist ein schöner, ruhiger Ort zum entspannen und Sabine wäre gerne noch einen Tag geblieben, aber unser Plan ließ dafür leider keine Zeit. Kurz nach unserer Ankunft traf auch die Engländerin mit ihrem Führer ein, auch für sie war es die letzte Etappe ihrer Tour. Während des Abendessens im Hotel berichteten wir von den Erlebnissen des Tages und das erste Bier nach langer Zeit schmeckte besonders gut. Das Hotelpersonal kümmerte sich am Abend noch um zwei Jeep-Plätze für die Fahrt nach Darjeeling, die Abfahrt sollte um 6:00 Uhr am nächsten Morgen sein. Die Nacht war jedoch schon um 5:00 Uhr vorbei, denn wir wollten vor unserer Abfahrt ja noch ordentlich frühstücken. Gegen 5:45 Uhr tauchte unser Jeep aus dem Nebel auf und wenig später ging es los in Richtung Darjeeling. Ja, und was war mit dem Hund? Wir haben den Hund noch ein paar mal gesehen, doch angesichts der großen Anzahl von Artgenossen hatte er das Interesse an uns verloren, was wir keine Minute bedauert haben. Die Jeepfahrt verlief ohne besondere Zwischenfälle und gegen Mittag kamen wir in Darjeeling an. Der Weg führte uns direkt ins Dekeling Hotel, unserer indischen Heimat. Es war gut, das Sabine vorgebucht hatte, denn wir freuten uns schon auf das gewohnte Umfeld und hatten auch keine Lust wieder mit dem ganzen Gepäck auf Hotelsuche zu gehen. Die nächsten Tage sollten der Erholung dienen, aber bis zur Abfahrt nach Sikkim waren auch noch ein paar Formalitäten zu erledigen. |